Jeder Organspender kann sieben Leben retten!
Etwa 9.000 Menschen warten in Deutschland auf eine Organspende. 2020 gab es um die 913 Organspender:innen, zeitgleich wurden 4.900 Personen neu auf die Warteliste gesetzt.
3.518 Organe konnten transplantiert werden.
Im selben Jahr verstarben jedoch 767 Personen auf der Warteliste.
Hinter diesen Zahlen stehen Menschen, die jeden Tag auf die erlösende Nachricht warten, auf den Anruf, der für sie eine zweite Chance bedeutet. Doch es fehlen Spender:innen!
Das will der Verein "Gegen den Tod auf der Organ-Warteliste" ändern und hat gemeinsam mit acht Designer:innen die Modekollektion ,,Gegen den Tod Couture" auf den Markt gebracht.
Alle Kleidungsstücke dienen als Organspendeausweis. Das Projekt macht sich dabei zunutze, dass es in Deutschland keine gesetzlichen Vorgaben gibt, wie ein Organspendeausweis formell auszusehen hat. Bei „Gegen den Tod Couture“ werden so T-Shirts, Hoodies, Jacken und andere Kleidungsstücke durch eine einzige Unterschrift auf dem Kleidungsstück zum Spendeausweis.
Damit setzt „Gegen den Tod Couture“ ein sichtbares Zeichen für Organspende und eröffnet eine dringend nötige Diskussion in Deutschland.
"Sarggespräche"
Unserer Empfehlung
für einen launigen Sommerabend.
Man sitzt zusammen, die Karten werden gemischt, der Älteste in der Runde zieht die erste Karte:
"Welche Lieder sollen auf deiner Beerdigung gespielt werden?"
Spätestens jetzt ist klar: Es handelt sich nicht um einen normalen Spieleabend, heute heißt es:
"Sarggespräche, let´s talk about death, baby."
105 Fragen für Gespräche in denen Gedanken, Geschichten, Vorlieben über das Leben und den Tod auf unterhaltsame Weise ausgetauscht werden können.
Unsere Filmempfehlung
für den Monat Mai
Ein Oscar-gekrönter Kurzfilm
über trauernde Eltern
Bei dem Tod eines geliebten Menschen greifen Worte zu kurz. "If anything happens i love you" der Regisseure Will McCormack und Michael Govier kommt ganz ohne Dialog aus, die schlichten schwarz-weiß Zeichnungen sprechen jedoch eine emotionale Sprache. Ein kleines Mädchen wird brutal aus ihrer Familie gerissen, ihre Eltern entfremden sich, doch die Schatten, die wie Seelen, durch dieses 12 minütige Kunstwerk fliegen, bringen die Erinnerung an die Tochter zurück und die Eltern in ihrer Trauer wieder zusammen. Die Bilder ziehen die Betrachtenden in den Bann, berühren tief und werden nicht vergessen sein.
Unsere Buchempfehlung
im Monat März 2021
NILS. Von Tod und Wut. Und Mut.
„Kein Mensch kann den anderen von seinem Leid befreien; aber er kann ihm Mut machen, das Leid zu tragen.“ – Selma Lagerlöf
Man lacht, man weint bitterlich, ist wütend und tief traurig – man teilt all die Emotionen, mit denen Melanie Garanin uns von Nils erzählt. Nils ist drei Jahre alt, als er Leukämie bekommt und dann einige Monate später ganz plötzlich stirbt. Während seiner Therapie klagte er über schreckliche Bauchschmerzen – Nebenwirkungen haben sie gesagt, was Falsches gegessen haben sie gesagt. Doch niemand hat sich wirklich bemüht, dem auf den Grund zu gehen. Dann beginnt das „Danach“ – ein Kampf um Gerechtigkeit und ein Kampf um ein Leben, dass nie wieder so sein wird wie zuvor: "Wir werden immer, immer traurig sein, nie untraurig. Aber lass uns bitte versuchen, nicht immer, immer, immer unglücklich zu sein.“
Die Illustarorin Melanie Garanin aus Berlin erzählt und zeichnet diese tieftraurige Geschichte, die ihre eigene ist. Während der Krankheit ihres jüngsten Sohnes beginnt sie auf ihrem Blog kleine Miniaturen aus ihrem Alltag zu teilen. Zeichnungen mit kurzem Text, die später zu dem Graphic Novel Nils werden.
Man wird von den großflächig mit Aquarell illustrierten Seiten sofort in den Bann gezogen. Wie in einem Rausch fliegt man durch das Buch, sieht wie sich die Farben wie Gefühle ändern. Und auch auf den dunkelsten Seiten findet man Hoffnung, immer ein bisschen Gelb – die Farbe, die sich wie ein Roter Faden durch das Buch zieht und Melanie und ihre Familie an Nils erinnert.
Nach dem Lesen wird man sich noch oft an Nils erinnern und an die Kraft und den Mut, die dieses Graphic Novel ausstrahlt. Jeder Mensch findet seinen ganz eigenen Umgang mit dem Tod einer geliebten Person. Melanie Garanin zeigt uns mit ihrem Buch, dass man sich der Trauer stellen muss, um sie annehmen zu können. Sie hat es durch ihre Illustrationen geschafft und es ist ein großes Glück, dass sie sie mit uns geteilt hat.
Unsere Buchempfehlung
im Monat August 2020
Ein sanfter Tod
„Schwer zu sterben, wenn man das Leben so heftig liebt.“
In Ein sanfter Tod schreibt Simone de Beauvoir, eine der Hauptvertreterinnen des französischen Existentialismus, über den Tod ihrer Mutter Françoise de Beauvoir. ihre Mutter wurde nach einem Unfall ins Krankenhaus eingeliefert, wo die Ärzte neben einem Schenkelhalsbruch auch eine Bauchfellentzündung feststellen. Später erst stellt sich heraus, dass es sich um einen Tumor handelt. Nach einer Operation schwankt ihr Zustand, bis er sich schließlich drastisch verschlechtert. Auch wenn François de Beauvoir fest am Leben festhielt und mit aller Kraft genesen wollte, wurde ihr Körper doch immer schwächer. Simone de Beauvoir begleitete ihre Mutter sechs Wochen lang, bis zu ihrem „sanften“ Tod und schildert schonungslos die Qualen und Veränderungen. Ein sanfter Tod – darunter versteht de Beauvoir den Tod einer Privilegierten. Françoise de Beauvoir musste in dem Moment ihres Todes nicht alleine sein – auch wenn das Sterben ein einsamer Akt ist. Sie war geborgen, aufgehoben an einem sicheren Ort.
Doch in diesem schmalen Buch, geht es nicht nur um den Tod ihrer Mutter, vielmehr hat de Beauvoir ihn zum Anlass genommen, die schwierige Beziehung zwischen ihnen zu reflektieren. Durch die intensive Zeit am Sterbebett kam sie ihrer Mutter, von der sie sich über viele Jahre hinweg entfremdet hatte, näher. Sie erinnerte sich, konnte neuen Perspektiven Raum geben und so schließlich Abschied nehmen.
Und als ich an diesem Abend ihren Arm sah, in dem ein Leben floss, das nur noch Leid und Qual war, fragte ich mich: Warum? [...] Man gerät in ein Räderwerk, ohnmächtig gegenüber der Diagnose, der Vermutungen und Entscheidungen der Spezialisten. Die Kranke ist ihr Eigentum geworden: Das soll ihnen erst mal jemand entreißen!
In diesen Wochen sah sie sich jedoch den Ärzten ausgeliefert, spürte wie sie ihren Überzeugungen absagte und sich im Angesicht der Entscheidungen hilflos fühlte. Die körperlichen Veränderungen ihrer Mutter beschreibt de Beauvoir sehr offen und ihre Gefühle zu diesem sterbenden Körper zeugen von einer klaren Gedankenwelt, die fast schon distanziert wirkt. Mit einer tiefen Wärme liest man wiederum, dass sie es bereue den leblosen Körper ihrer Mutter so schnell verlassen zu haben, und den „Übergang vom Sein zum Nichts“, wenn der Körper kalt und zu etwas Gegenständlichem geworden ist, nicht beigewohnt zu haben.
In Ein sanfter Tod finden sich eine Vielzahl interessanter Gedanken über das Leben und den Tod, die einen spannenden Einstieg in die Gedankenwelt Simone de Beauvoirs bieten. Es zeigt, dass der Tod auch die großen Philosophen unserer Zeit vor Herausforderungen stellt, wenn sie unmittelbar betroffen sind.
Unsere Buchempfehlung
im Monat Juli 2020
Das Jahr magischen Denkens
Ich weiß, warum wir versuchen, die Toten am Leben zu halten: Wir versuchen, sie am Leben zu halten, um sie bei uns zu behalten. Ich weiß auch, dass wenn wir selbst leben wollen, irgendwann der Punkt kommt, an dem wir die Toten auslöschen müssen, sie gehen lassen, sie tot sein lassen müssen.
Die Toten am Leben zu halten, den Gedanken der Endgültigkeit verdrängen, die Stille nicht annehmen, die Trauer verdrängen – all das beschreibt Joan Didion in ihrem Roman und schreibt sich zugleich aus diesen Zuständen heraus. Ihr Mittel ihre Trauer anzunehmen und zu verarbeiten ist das Schreiben, ihr Schreiben, dass uns das eindrucksvolle Buch Das Jahr magischen Denkens gebracht hat. Joan Didion, geboren 1934, ist nicht nur eine über die Grenzen der USA bekannte und honorierte Schriftstellerin, sie ist auch Ehefrau und Mutter. Diese beiden Aspekte spielen in ihren autobiographischen Werken eine zentrale Rolle. Mit der Arbeit an ihrem Roman Das Jahr magischen Denkens begann Didion zehn Monate nach dem Tod ihres Mannes John Dunne, der ebenfalls Schriftsteller war. Dunne starb am Abend des 30. Dezembers 2003 an einem Herzinfarkt, nachdem er bereits Jahre zuvor an Herzleiden gelitten hatte.
Was an diesem Tag, in den vorhergegangenen und nachfolgenden Stunden, Tage und Wochen passierte, holte Joan Didion noch Monate nach seinem Tod immer und immer wieder in ihrem Gedächtnis hervor. In ihrer Hilflosigkeit sucht sie nach Zeichen, Botschaften, versucht John wieder zurückzuholen, ihn lebendig zu machen. Denn die Zeit nach Johns Tod waren geprägt von der Sorge um die Tochter Quintana, die zum Zeitpunkt von Johns Tod bereits seit einigen Tagen bewusstlos auf der Intensivstation lag.
„In schwierigen Zeiten, hatte man mir seit der Kindheit beigebracht, soll man lesen, lernen, es durcharbeiten, Literatur befragen. Information heißt Kontrolle.“
Joan Didion lässt eine Vielzahl von Zitaten aus wissenschaftlichen Artikeln, Romanen und Gedichten in ihre Aufzeichnungen einfließen. All diese Texte befragt sie, sucht nach Antworten auf die immer wiederkehrenden Fragen: Wie und vor allem warum? Ihr Verhalten und ihre Reaktionen seziert Didion ganz genau. Sie ist sich ihrer Irrationalität bewusst, weiß, dass sie John nicht zurückholen kann und versucht es doch. Der Trauer lässt sie dabei keinen Raum. „Trauern, die Auseinandersetzung mit Leid, verlangte Aufmerksamkeit. Bisher hatte es jeden erdenklichen Grund gegeben, die Aufmerksamkeit, die ich sonst meiner Trauer gewidmet hätte, nicht zuzulassen, den Gedanken daran zu verbannen, um mich mit frischen Kräften der Krise des Tages zu stellen.“
Joan Didion öffnet sich in diesem Buch, legt ihre Gedanken und Gefühle dar, ihre Zerrissenheit und ihren Schmerz. Und wir, die wir Teil ihres Trauerjahres werden dürfen, finden uns vielleicht sogar in ihren Sätzen und Gedanken wieder. Menschen, die Trauer und Leid erfahren haben, werden nicht nur einmal das Buch beiseitelegen müssen, um es dann sofort wieder zur Hand zu nehmen. Didions persönliche Erforschung von Trauer, Leid, Krankheit und Tod lässt einen nicht los und regt die persönliche Reflektion des eigenen Umgangs mit Trauer und Tod an. Vor allem aber schenkt es uns die wichtige Botschaft, dass unsere Trauer individuell ist und es keine falsche oder richtige Art zu trauern gibt, auch wenn die Gesellschaft uns in feste Muster und Verhaltensweisen zwängen will.
Durch das Schreiben eröffnet sich Joan Didion den Weg in die Trauer und macht eine Entwicklung durch, die der Lesende auf den 250 Seiten mitfühlt. Versucht sie in den ersten Wochen und Monaten John noch zurückzuholen und seinen Tod zu negieren, beginnt die Auseinandersetzung mit seinem Tod und das Verstehen mehr und mehr. Sie blickt auf das Leben mit ihm zurück, auf die gemeinsamen Jahre, mit dem innigen Wunsch die Zeit zurückzudrehen und später mit der Erkenntnis, dass man mit der Veränderung gehen, die Toten tot sein lassen muss. Die letzten Sätze schrieb Didion ein Jahr und einen Tag nach Johns Tod, dem Tage an dem Sie nicht mehr ein Jahr in die Vergangenheit, in das Leben mit John blicken konnte, von dem sie fortan alleine gehen musste, mit der liebevollen Erinnerung an John, ihren Ehemann, besten Freund und schärfsten Kritiker.
Ihre Tochter Quintana starb noch vor der Veröffentlichung des Buches.
Ihr widmete Joan Didion das Buch Blaue Stunden.
Unsere Buchempfehlung
im Monat Mai
Nach Mattias
Das Leben kann schnell vorbei sein – so oft liest und hört man von Unfällen, schnellen Krankheitsverläufen oder anderen Schicksalen. Das Leben für diese Menschen nimmt ein plötzliches Ende und zurück bleiben Angehörige, die trauern, für die das Leben kurz stehen bleibt und dann? Dann beginnt eine neue Zeitrechnung eine wie die nach Mattias – das Leben geht weiter. Wie? Da findet jeder seinen Weg und davon schreibt der Niederländer Peter Zantingh in seinem Roman Nach Mattias.
Doch in diesem Buch geht es nicht um Mattias, es geht um viel mehr als diesen Menschen, dessen Name auf dem Buch prangt und über den die Figuren sprechen. In Nach Mattias geht es darum, dass wir alle Individuen sind, dass es keine Regeln gibt, nach denen wir uns verhalten, vor allem nicht in der Trauer. Hinter jedem Menschen, dem wir begegnen, sei es auch nur die flüchtigste der Begegnungen, steckt ein Schicksal, ein Leben, dass uns verschlossen bleibt, von dem wir nicht wissen, und ohne dieses Wissen haben wir auch nicht das Recht, Schlüsse zu ziehen und zu urteilen.
In der realen Welt kann man den Menschen nur vor den Kopf gucken, aber Peter Zantingh eröffnet seinen Lesern einen Zugang zu ganz unterschiedlichen Figuren, die uns direkt ansprechen, die ihre Gedanken darlegen und uns teilhaben lassen. Sie alle verbindet Mattias, auf eine tiefe oder weniger tiefe Weise. Die meisten Figuren erschließen sich einem sofort, bei anderen muss man nach der Verbindung suchen. Und diesen neun Figuren gibt Zantingh eine ganz eigene Stimme, einen eigenen Klang, der sie lebendig macht. In Nach Mattias lesen wir von einem Kumpel, der ein fanatischer Läufer wird, Großeltern, die nur noch Netflix gucken, einer Mutter, die neue Kontakte sucht und einem unglücklichen Alkoholiker.
Durch Mattias lernen wir, dass auch die kürzesten und vermeidlich banalsten Begegnungen einen Eindruck hinterlassen können. Menschen kommen und gehen im Leben, doch bleibt immer ein Eindruck, vielleicht ein flüchtiges Gespräch, das uns zu etwas bewegt. Den Einfluss von anderen Menschen auf unser eigenes Leben sollten wir niemals unterschätzen und uns immer bewusst sein, dass wir nicht alleine sind, nicht alleine trauern, Schmerz verarbeiten. Dass die Welt einen kurzen Moment stillsteht, wir uns alleine fühlen, aber nie alleine sind und dass es auch ein Danach geben wird, dass wir nur den Mut aufbringen müssen, dieses Danach zu wollen, davon erzählt Zantingh in seinem berührenden Buch.
Unsere Buchempfehlung
Der vergessliche Riese von David Wagner
„Im Grunde ist alles im Leben nur geliehen, Freund. Selbst die Dinge, von denen du dir einbildest, sie gehören dir, sind nur geliehen.
Du verlierst alles wieder. Autos, Häuser, Ehefrauen.“
„Und wer hat sie verliehen?“
„Die Zeit. Und die holt sich alles wieder zurück. Eines Tages wird sie auch dich zurückholen,
dein eigenes Leben hast du nämlich auch nur geliehen. Eines Tages musst du es zurückgeben.“
In seinem 2013 erschienen autobiographischen Buch Leben verarbeitete David Wagner seine eigene Krankheitsgeschichte und wurde dafür mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Seinem neuen Roman Der vergessliche Riese liegen ebenfalls Erfahrungen seines Lebens zugrunde und auch hier nimmt sich Wagner eines weiteren großen Themas an – Demenz. Er schreibt von der Liebe zwischen Vater und Sohn, dem Altwerden und Vergessen.
Nach dem Tod seiner zweiten Frau ist der demenzkranke Vater, zu dem der Ich-Erzähler David Jahrzehnte lang nur sporadischen Kontakt hatte, auf Hilfe angewiesen. Seine drei Kinder wechseln sich mit Besuchen in Bonn ab, helfen ihm mit wichtigen Angelegenheiten, organisieren seine Pflege. David kommt in regelmäßigen Abständen aus Berlin angereist, fährt mit seinem Vater auf Familienfeste, zu Beerdigungen und verbringt Weihnachten mit ihm. Erst kann der Vater mit wechselnden Pflegerinnen in seinem Haus leben, bald muss er doch in eine Altenresidenz an den Rhein ziehen. Mit der Zeit vergisst der Vater mehr und schneller. Sein Sohn hilft ihm beim Erinnern, an gute und schlimme Momente ihrer Vergangenheit und dabei kommen sie sich nahe, doch ändert sich die Dynamik ihrer Beziehung auch auf eine Weise.
„Ich nehme seine Hand, die mir nun gar nicht mehr so groß vorkommt wie früher. Sie war mal riesig, jetzt fühlt sie sich an wie eine Kinderhand. Ich drücke sie, halte sie fest.“
Die sich ständig wiederholenden Fragen wirken beim Lesen enervierend, und mit Erstaunen merkt man, dass jeder Frage mit großer Geduld begegnet wird. Und der Vater? Er nimmt sein Vergessen mit Humor – „Es ist wie Tante Gretl gesagt hat: Die Dublany sind intelligent, im Alter aber werden sie alle blöd.“ Dieser Satz zieht sich wie ein Mantra durch den Roman.
Wagner erzwingt nicht die Auseinandersetzung mit den großen Fragen des Lebens, und sucht auch nicht nach Antworten. Seine Sprache ist zurückhaltend und schafft Raum zum Nachdenken. David Wagner schafft es sich dem Thema Demenz auf eine sensible, ruhige Art zu nähern. Dem Roman wohnt keine Schwere inne und doch Ernst. Auch ein leiser Humor schwingt in den Gesprächen mit. Und wenn man das Buch nach der letzten Seite zuklappt, wird man einen Moment der Trauer spüren, vielleicht auch Angst, aber eben auch die Kraft und Liebe, mit der David Wagner von dem Vergessen und Altwerden seines Vaters erzählt.
TRAUERN
Von Verlust und Veränderung
Der Begriff Trauer bezeichnet eine durch einen Verlust verursachte Gemütsstimmung und deren Kundgebung nach außen, so heißt es in
Meyers Großem Konversations-Lexikon. Zentral ist hier also die Erfahrung von Verlust, die emotionale Reaktion darauf sowie deren Äußerung.
Doch wie können Erfahrung von Verlust, Trauer und Wandel, die ein zutiefst verstörendes Potential in sich tragen in Wort und Bilder gefasst werden?
Die Ausstellung Trauern – Von Verlust und Veränderung umfasst rund 30 zeitgenössische künstlerische Positionen aus knapp 15 Ländern,
die sich dieser Herausforderung stellen.
Wir haben diese Ausstellung besucht und waren emotional sehr berührt. Es war faszinierend zu sehen, zu hören, zu schmecken und zu spüren
in welch vielfältiger Ausdrucksweise Trauer sichtbar gemacht werden kann.